Kritik am Verwaltungshandeln

Paradigmenwechsel

Seit 2012 klagen zunehmend mehr Architekten und Investoren, dass neben komplizierter werdenden Normen diffuse Erwartungen von „mehr Brandschutz“ zu immer weitergehenden Anforderungen im Antragsverfahren führen. Das Planen und Bauen dauert seither länger, wird schwieriger und teurer, ohne dass eine erkennbare Notwendigkeit zugrunde liegt. Im Antragsverfahren wird übermäßig oft die vermeintlich sichere Seite gesucht und das Ermessen sehr weit ausgedehnt. Unklarheiten in der Auslegung der Gesetze verstärken dieses Verhalten. Hier eine Liste der am häufigst genannten Erfahrungen.

  1. Seit 2012 erfolgen deutlich weniger Beratungen von der Bauaufsicht mit Auskunft über Recht und Pflichten gemäß § 25 VwVfG.
  2. Seit 2012 verweisen die Bauämter zunehmend auf das nun vermeintlich zuständige „Amt für vorbeugenden Brandschutz“; gemeint sind die Feuerwehr und die Brandschutzprüfer.
  3. Offenkundig übertriebene Wünsche/Forderungen von Feuerwehr/Brandschutzprüfern scheinen oftmals nicht auf deren Rechtmäßigkeit überprüft zu werden. Stattdessen werden „Auflagen“  oft 1:1 in den Genehmigungen übernommen.
  4. Einsicht in die Stellungnahmen von Feuerwehr und Brandschutzprüfern wird nicht gewährt. Das erschwert jeden Diskurs über die Sinnhaftigkeit dieser Forderungen bis hin zur Unmöglichkeit einer Klärung.
  5. Problematisch, z. B. bei kleineren Umbaumaßnahmen im genehmigten Bestand, ist auch das Beharren auf Maximalforderungen für das gesamte Gebäude nach heutigen Standards, wissend, dass diese Anforderungen mit vertretbarem Aufwand baulich nicht zu realisieren sind. Diese unverhältnismäßige Handhabung verzögert und verteuert das Bauen unnötig, viele Bauherren nehmen daraufhin davon Abstand.
  6. Oftmals überzogene Anforderungen der Verwaltung müssen vielfach gegen den eigenen Willen SELBST beantragt werden, da sonst der gesamte Antrag „als nicht genehmigungsfähig“ nicht weiter bearbeitet wird.  Aufforderungen zur oft mehrfachen „Nachbesserung“ der Brandschutzkonzepte ziehen die Verfahren unnötig in die Länge. Zumal in diesem Fall von den Bauämtern nach §39 (2) VwVfG  nichts begründet oder gefordert werden muss, weil der Antragsteller es ja SELBST beantragt hat. Rechtsmittel (Widerspruch) gegen diese Handhabung einzulegen ist formal nicht möglich!
  7. Sonstige Auflagen (oft in Form von Textbausteinen) gemäß § 39 (1) VwVfG  werden seltenst begründet. Denn auch, wenn sich der Sinn dieser Forderungen oftmals nicht erschließt, werden diese automatisch nach vier Wochen ohne Widerspruch Bestandteil der Baugenehmigung.

[wird ergänzt]

Zusammenfassung

Neben der durchaus hervorragenden Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden entsteht bei oben dargestellten Beispielen manchmal  der Eindruck, dass das Verwaltungshandeln teilweise restriktiv und ausweichend agiert, insbesondere wenn auf Zeit gespielt und eine starke Stellung unverhältnismäßig ausnutzt wird. Eine Grundhaltung von „immer mehr Sicherheit“ öffnet Tür und Tor für subjektiv vorgetragene Forderungen, die sich bei oben skizzierter Handhabung jedem sachlichen Dialog entziehen.

Bedauerlich ist es, wenn die Bauaufsicht erst dann die Beratungstätigkeit wahrnehmen will, wenn ein konkreter Bauantrag in Gänze vorliegt. Diese ist jedoch geboten, um der Beratungspflicht nach § 58 Abs. 1 S. 2 NBauO nachzukommen. Tatsächlich ist es gerade bei Sonderbauten sinnvoll, sich vor Einreichen des konkreten Entwurfs als Bauantrag weitgehend mit der Bauaufsicht abzustimmen. Denn ihr ist ja gem. § 51 NBauO ein Ermessensspielraum gegeben und als Antragsteller könnte man in ein offenes Messer rennen, wenn die Bauaufsicht erst während der laufenden Prüfung eigene Ansprüche stellt, die eine Überarbeitung des Entwurfs erforderlich machen. Die Beratung im Vorfeld eines Bauantrages ist eine Pflichtaufgabe, die gerade insbesondere Fragen klären soll, die Ermessensspielräume oder die Klärung unbestimmter Rechtslagen behandeln. Da für die Beratungstätigkeit auch eine Gebühr erhoben wird, wird die Stadt auch nicht zusätzlich finanziell belastet.

Nicht zu beanstanden dagegen sind Auflagen, die die Ermessensentscheidung der unteren Bauaufsicht erkennen lassen und Rechtsmittel ermöglichen – diese sind jedoch eher ein Ausnahmefall.

Miteinander reden

Um Raum für fach- und sachgerechte Erörterungen zu schaffen, wurde im August 2017 von betroffenen Architekten und Experten die Arbeitsgruppe „Brandschutz im Dialog“ gegründet. Diese Gruppe will gemeinsam mit Architekten, Feuerwehren, Brandschutzprüfern, Genehmigungsbehörden und Bauherrenvertretern zunächst gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Vorhaben schaffen und gleichzeitig flexible Lösungen finden, die von allen Beteiligten getragen werden können, um die Antragsverfahren spürbar zu beschleunigen und die unabwendbare Rechtsklarheit herbeizuführen. [mehr erfahren]

Weiterführende Literatur